Menschen im WällerLand
Das WällerLand wird von einer abwechslungsreichen Natur und schönen Orten geprägt. Aber auch die Menschen, die hier leben und arbeiten oder sich dem WällerLand verbunden fühlen. Lesen Sie, wie vielfältige Lebenswege die Region hervorbringt.
Noch immer blitzen seine Augen, wenn Wilfried Kleber (Hachenburg) von seinen Erlebnissen im Stöffel-Park erzählt. „Das ist meine zweite Heimat“, sagt er. Die Anekdoten aus seiner Kindheit – sie sind schon gut 70 Jahre alt – geben einen lebendigen Blick in die Vergangenheit.
Ein paar davon hat der in Rosenthal am Niederrhein Geborene (19. Januar 1942) später auch gerne in seine Gästeführungen eingebaut. Dazwischen lagen zwar Jahrzehnte, aber seine Verbundenheit mit dem Stöffel bleibt bis heute frisch. Kaum hatte er seine Erwerbsjahre hinter sich gelassen – die Fahrschule hatten er und seine Frau Gabi verkauft – engagierte er sich als Rentner für das Stöffel-Park-Projekt.
Wilfried, die Stöffelmaus
Viele Menschen haben den Stöffel-Park über die Stöffelmaus kennengelernt. Damit ist an dieser Stelle insbesondere Wilfried Kleber gemeint, der viele Jahre als knapp 1.90 Meter große Plüsch-Stöffelmaus bei Märkten, Messen oder für die Grundschulkinder in der Stöffelmaus-Schule in Stockum-Püschen unterwegs war. Überall zauberte er so Groß und Klein ein Lächeln ins Gesicht und erweckte Interesse an den Fossilien des neuen Stöffel-Parks, der 2006 offiziell eröffnet wurde. Auch in Mainz oder in Hachenburg, als Otto Waalkes auf Werbetour im Cinexx war, war diese „Plüschmaus“ dabei.
Ein Platz der Arbeit – und Platz zum Feiern
Doch zurück zum Anfang: Zunächst lebte Wilfried Kleber in Rosenthal an der holländischen Grenze. Die Familie zog gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nach Emmerzhausen, dann, da war Wilfried acht Jahre alt, nach Enspel, wo der Vater Wilhelm Kleber von 1950 bis 1967 bei der Firma Adrian als Werkmeister arbeitete.
Klebers wohnten im Verwaltungsgebäude, wo sich über der Wohnung ein Saal befand, der damals für Betriebssitzungen und Feiern genutzt wurde. Seine Schwester Brigitte hat dort ihre Hochzeit begangen. Und die Freiwillige Feuerwehr Enspel feierte viele Jahre hier Fasching. „Es war 1968 oder 69“, erinnert sich Gabi Kleber, „da hat es während der Karnevalssitzung so viel geschneit, dass ich die Tanzschuhe in die Hand genommen habe und auf Strümpfen nach Hause ging.“
„Wenn sonntags Reparaturen durchgeführt wurden, weil die Maschinen dann stillstanden, wurde nach getaner Arbeit darauf angestoßen“, so Wilfried Kleber. Bei der Trauerweide, die noch heute neben dem Verwaltungsgebäude steht, ging es dann hoch her. Unter ihnen war auch der ehemalige Ortsbürgermeister Alois Wörsdörfer, der rund 60 Jahre im Stöffel beschäftigt war.
Anlaufstellen im Ort
Ein beliebtes Getränk im Stöffel waren die „Siwwe Sorte“. Wenn der Junge auf der Treppe vor der Werkswohnung saß, bekam er öfter von den Arbeitern den Auftrag, diesen mit sieben Zutaten hergestellten Schnaps zu besorgen. Dann ging er zum Wirt Keltersch Christian, der ohne Umstände anschrieb. „Die Schulden wurden bei Erhalt der Lohntüte sofort bezahlt.“ Oder er lief zu „Unne Hinnersch“, wo es Brot und Brötchen zu kaufen gab. Zum dicken Willi, dem Metzger, wurde er auch geschickt, Einkäufe zu erledigen. Dessen Frau Finchen verkaufte „Schnippelschen“ (klein geschnittene Wurstenden) für einen Groschen. „Für mich gab’s das aber immer umsonst“, erinnert sich Wilfried schmunzelnd.
„Als ich zehn Jahre alt war, habe ich täglich um 17 Uhr die Post zum Bahnhof gebracht, wo die Dampflokomotive mit drei Anhängern wartete – zwei für den Personenverkehr, einer für die Post. Damit habe ich 5 DM im Monat verdient. Nach drei Jahren konnte ich mir von dem Geld ein Rad kaufen.“
Der Stöffel als Spielplatz
Wenn die Arbeiter Feierabend hatten, hatte der umtriebige Lausbub fast das ganze Stöffel-Gelände für sich. Die Drehscheibe der Loren wurde bei ihm zum Spielzeug. Er probierte sein Können an der Kreissäge, entfachte auch schon mal ein Feuer in der Schmiede oder baute Vogelhäuschen in der Stellmacherei… Nicht alles mit Genehmigung, versteht sich. Ein Klettermax war er auch. Der stattliche Schornstein der Firma Adrian, damals das 38 Meter hohe Wahrzeichen Enspels, hatte es ihm angetan. „Ich war ganz oben angelangt, als mein Vater mich suchte und nach mir rief. Er schaute in alle Richtungen, nur nicht in die Höhe“, erzählt Wilfried, dem der Pfiff des Vaters noch in den Ohren klingt: „Das bedeutete Alarmstufe 1!“, sagt er. Übrigens: Der Arbeitskittel seines Vaters ist heute noch in Brecher 1 zu sehen.
„Außerdem hatte ich vier Ziegen zu hüten, erinnert Wilfried Kleber sich, „die liefen in einem unbewachten Moment in die Brecheranlage 4, wo sie Staub leckten.“ Als Kind hat er sich über die merkwürdigen zerbrechlichen Schichten im Steinbruch gewundert, die sich später als der Ölschiefer herausstellten, der die Fossilien barg. 1958 zog die Familie ins Dorf um.
(Foto: Archiv Stöffel-Park)
Die Kunst, Gäste zu führen
Wilfried verließ zwischendurch den Westerwald, lebte unter anderem in Hannover, kehrte dann aber wieder zurück. Und 2005 suchte der Ortsbürgermeister von Enspel und Vorsitzende des Stöffelvereins, Dieter Wisser, Gästeführer für den Park. Er dachte an Gabi, doch es war Wilfried Kleber, der gerne zugriff. Offiziell eingeweiht wurde der Stöffel-Park 2006. „Als Rentner kehrte ich dann wieder zu meinem Abenteuerspielplatz zurück“, fasst es Wilfried zusammen.
Auf die Besuchergruppen ging der ehemalige Fahrschullehrer immer individuell ein und bereitet sich gut auf sie vor. Mal waren es Behinderte, mal Senioren, mal Kinder, mal Mitglieder von Vereinen, manchmal auch „Angeheiterte“.
„Ich wollte den Besuchern zeigen, wie schwer die Leute gearbeitet haben – und dass sie trotzdem zufrieden waren“, erklärt Wilfried Kleber, der einen glücklichen Humor besitzt, der nicht verletzt, sondern aufmuntert. Mit einem kleinen verschmitzten Lächeln ging er gern auf die Besucher zu. Liebenswürdig, humorvoll, gut gelaunt „holte er sie ab“, wie man heute sagen würde.
Mittlerweile bietet er krankheitsbedingt – nach fast 15 Jahren – keine Führungen mehr an, obwohl ihm das immer noch Spaß machen würde, wie er zugibt. Seit er acht Jahre ist – nunmehr gut 70 Jahre – ist er mit dem Stöffel verbunden. Und gerne nimmt er weiterhin an Veranstaltungen im Stöffel-Park teil und ist Mitglied im Stöffelverein.
Viele Spuren hinterlassen
Wilfried Kleber hat viele Spuren hinterlassen. Er war Mitglied der Stöffel-Rentner-Band, die immer etwas zu reparieren fand. Fleißige Hände, an denen es heute oft fehlt. Und sein Enkel begleitete ihn sogar einige Jahre bei seinen Projekten. Wilfrieds Wetterstein ist berühmt-berüchtigt: „Stein nass – es regnet…“ Davon hat er Dutzende gemacht. Auf seinen Bänken – ein Brett auf zwei schweren Basaltbrocken – lässt es sich noch heute im Park ruhen. Und wer eine Pimpernuss im Gelände sieht, kann sicher sein, dass er sie als Fan des Gewächses eingeschleppt hat.
Zwei Wünsche
Zwei Herzenswünsche hat er für den Stöffel-Park: Zum einen die Ausstellung eines Bohrkerns, der vor vielen Jahren im Stöffel genommen wurde. 256 Meter tief wurde in die Erde gebohrt – und der ebenso lange Bohrkern zeigt an, welche Erdzeitalter unter unseren Füßen an dieser Stelle „dokumentiert“ sind. Bis zu der Devonschicht (die vor rund 360 Millionen Jahren endete) kann man Spuren sehen. Manches zerfiel durch die Erosion zu Staub.
Zum anderen ist es ihm ein Anliegen, dass Kinder wieder im Ölschiefer nach Fossilien suchen können – um selbst Zeuge der Entwicklung der Erde und des Lebens sein zu dürfen.
(Text und Foto: Tatjana Steindorf)
Alle Fotos wurden uns von Wilfried Kleber zur Verfügung gestellt – herzlichen Dank!
Viele Jahre hat Josef Dörner, genannt Seppel, bei Firma Adrian im Stöffel gearbeitet. Er hatte verschiedene Aufgaben dort übernommen, und bis heute im Jahr 2023 weiß der 89-Jährige noch vieles von dem Arbeitsleben und der Geschichte des Basaltabbaus hier. Taucht eine Frage auf, hieß es daher im Stöffel-Park gern: „Da müssen wir Seppel fragen!“ Er ist ein Zeitzeuge, der seit mehr als 20 Jahren der Geschäftsführung des Stöffel-Parks, Besuchern und Gästeführern, Presse und Filmteams Rede und Antwort steht.
Dabei wollte er keineswegs im Steinbruch arbeiten! Das gibt er zu, als er von seinem beruflichen Werdegang erzählt.
„Der Basaltabbau gehörte dazu“
Mit sieben Geschwistern ist Josef Dörner in Enspel groß geworden. Der Vater stammte aus dem Ort, die Mutter aus Stockum-Püschen. Der Basaltabbau gleich nebenan lief bereits seit Jahrzehnten. Und der Vater lieferte bis Ende des Zweiten Weltkriegs Sprengstoff an die Basalt abbauenden Betriebe Uhrmacher und Basalt AG. „Er hat auch Zeichnungen erstellt, die aufzeigten, wo gesprengt werden sollte.“ In Büdingen befand sich sein „Pulverhaus“, das eigentlich ein Bunker in der Erde war. Als Kind ist Seppel natürlich gerne im Steinbruch herumgesprungen, „obwohl es verboten war“.
Die Wunderwaffe knallt gegen die Wand
Vom Schulhof aus, heute wird das Gebäude als Gästehaus genutzt, konnten er und seine Mitschüler die V1-Abschüsse sehen. Diese „Wunderwaffe“ wurde dreimal täglich getestet. Offensichtlich war der Erfolg mäßig. Denn an einem Tag (1944/45) sahen die Kinder zu ihrem Entsetzen, dass die Rakete auf sie zuflog, über ihre Köpfe düste – und im Steinbruch explodierte. Sie war in die oberste Sohle des Steinbruchs geknallt. Der Betriebsleiter sowie der Bruchmeister, ein Onkel von Josef Dörner, wurden dabei schwer verletzt. Eine kleine „Pointe“ gibt es noch: Der Nachfolger des besagten Betriebsleiters war später ausgerechnet der Leiter der Abschussstelle, ein Techniker aus Regensburg.
Von der Mühle in Hirtscheid bis nach Afrika
„Ich habe Mühlenbauer in Hirtscheid gelernt“, berichtet Josef Dörner. Dreieinhalb Jahre dauerte die Lehrzeit, dann folgte die Gesellenprüfung. Es war für ihn eine gute Zeit, aber das Gewerbe hatte keine Zukunft, und er suchte dann wie viele andere nach einer Arbeitsstelle im Siegerland. Es wurden Busse eingesetzt, um Leute dorthin zu fahren. Zufrieden war er jedoch nicht – und am 13. Mai 1952 fing er bei Firma Adrian an, die ebenfalls Basalt abbaute – im Bereich Enspel. Zunächst wurde er als Handwerker in der Werkstatt eingestellt, war aber zwischendurch auch für die Lkw-Beladung und Verwiegung zuständig. „Beim Schmieden und Schweißen habe ich mir vieles selbst beigebracht“, erzählt er.
Er entwickelte Erfindergeist, konzipierte beispielsweise Gestelle für die Brecher oder sogar eine Bandkonstruktion für einen Lagerplatz der Firma in Mönchengladbach. Dieses fahrbare Gerüst für ein kurzes Förderband zum Abladen von Basalt war entsprechend robust und schwer, es konnte per Dieselmotor mobil an den Wagon heranfahren, und ein weiterer Motor bewegte das Band.
1973 legte er seine Meisterprüfung ab, was seine Frau Irmgard ebenfalls unterstützte. Keine leichte Zeit, aber eine erfolgreiche. Und die Urkunde des „Schlossermeisters“ hängt heute noch an der Wohnzimmerwand.
„Ich bekam immer Sonderaufgaben“, erinnert sich Josef Dörner schmunzelnd. Jahrzehntelang war er für Firma Adrian deutschlandweit unterwegs, um Lagermessungen durchzuführen. „Und ich durfte sogar mitfahren, denn mittlerweile waren die beiden Kinder groß“, erinnert sich Irmgard Dörner (88) fröhlich. Seppel erzählt: „Dann hieß es: Ich soll nach Nigeria, um dort auch Messungen durchzuführen. Verschiedene Unternehmen hatten seinerzeit in Afrika Steinbrüche eröffnet. Ein Vorbrecher und verschiedene Maschinen gingen von Adrians Bruch in Hergenroth aus dorthin. Hans Krämer hat sie dann drüben wieder aufgebaut. „Er war völlig begeistert von dem Land“, erinnern sich beide.
Im Stöffel-Park gibt es noch eine Nissenhalle, die „Afrikahalle“ genannt wird, weil dort auch Teile für Übersee gesammelt wurden. Der Flug führte Josef Dörner nach Lagos und von dort nach Calabar. „Acht Wochen war er dort, und kein Telefonat war möglich“, erzählt seine Frau.
Die Firma Adrian verkaufte 1985 das Werk an die Cronenberger Steinindustrie in Wuppertal. Zu deren Zeit fertigte Josef Dörner u. a. auch Förderbandkonstruktionen, erzählt er. Bis 1994 hat er hier gearbeitet. Und noch danach war er stundenweise für Messungen im Einsatz.
Ein Dank – noch nach 70 Jahren
Kein Wunder, wenn Sylvia Schwab, die Tochter seines ehemaligen Arbeitgebers Wolfgang Adrian, ihm 2022 zum 70. Jahrestag seines Eintritts in die Firma gratuliert. Sie erinnert sich an sein großes Engagement, Verantwortungsbewusstsein, seine Kenntnisse und seine immer freundliche und gewinnende Art, die „sehr zum Erfolg des Unternehmens beigetragen“ haben. „Ich werde nie vergessen, wie respektvoll mein Vater von Ihnen gesprochen hat“, betont sie.
Vor 40 Jahren: (Wieder)Entdeckung der Fossilien
Josef Dörner heiratete seine Irmgard, eine geborene Jacob aus Büdingen (heute Nistertal), am 30. August 1958. Sie bekamen zwei Kinder, Sabine und Wolfgang. Außerdem sind sie stolze Großeltern von vier Enkeln. Jeder einzelne in der Familie hat seine besondere Beziehung zum Stöffel.
Es ist genau 40 Jahre her, dass Wolfgang Dörner mit seinem Kumpel seinen Anteil an der Wiederentdeckung der Fossilien im Stöffel hatte. Denn ältere Belege aus dem 19. Jahrhundert waren da längst wieder in Vergessenheit geraten. Die „Schatzgräber“ im wörtlichen Sinn waren zunächst Arbeiter und Baggerfahrer im Jahr 1983. Dann kamen die zwei Enspeler Jungs, da waren sie etwa 14 Jahre alt, ins Spiel.
„Wir, das heißt Roger Baldus (auch ein gebürtiger Enspeler) und ich, wurden von Steinbrucharbeitern darauf hingewiesen, dass man beim Anlegen des Pumpensumpfes unter Basaltniveau auf blättriges Material gestoßen sei“, erzählt Wolfgang Dörner. „Wir beide haben uns das dann näher angeschaut, angefangen zu sammeln und schließlich den damaligen Leiter des Hachenburger Landschaftsmuseums besucht, um ihm unsere Fundstücke zu zeigen und seinen Rat bei der Bestimmung einzuholen. Fische und Laubblätter waren ja leicht zu erkennen, aber wir wussten zum Beispiel nicht, dass es sich bei den häufigen Knochenfunden um Reste von Kaulquappen handelt.“
Über Karl Keßler (Landschaftsmuseum) und Peter Müller (Langenhahn) wurde der Kontakt nach Mainz aufgebaut und der Paläontologe Dr. Michael Wuttke (Referat Erdgeschichte in der GDKE) nahm sich der Sache an. Anfangs übernachtete er sogar bei Dörners. Die Fossilien rund um die „Stöffel-Maus“ (Eomys quercyi) – 25 Millionen Jahre alt – waren und sind eine kleine Sensation, insbesondere für die Stöffel-Gemeinden und den Westerwald. Und: „Ohne sie gäbe es wohl heute keinen Stöffel-Park“, meint Seppel.
Zukunftspläne: Deponie oder Erhalt?
Zum Ende Dezember 2000 stellte Fa. Adrian den Betrieb ein. Rund 100 Jahre hatte sie hier Basalt abgebaut. „Auf einmal war Totenstille“, erinnert sich Irmgard Dörner. Schließlich war zeit ihres Lebens hier Lkw-Lärm, Erschütterungen, Krach zu hören gewesen. Dazu jede Menge Staub! „Dafür gab es gut 400 Mark Staubentschädigung im Jahr“, sagt sie.
Doch was sollte nun aus dem Gelände werden? Eine Deponie für Erdaushub? Oder eine Trockenstabilatanlage? Es kam anders.
Der Stöffelverein wird gegründet
Die Fossillagerstätte, die vielen noch gut erhaltenen Gebäude und das große Gelände waren für viele Menschen Grund genug, einem Abriss entgegenzuwirken.
Auch der Basaltabbau sollte exemplarisch für die ganze Region dargestellt werden. Der Stöffelverein wurde daher gegründet. Die Ortsbürgermeister Karl-Heinz Ferger (Stockum-Püschen), Kurt Dörner (Nistertal), Dieter Wisser (Enspel) und Verbandsgemeinde-Bürgermeister Bernhard Nink (Westerburg) gehörten 1999 zu den Gründern. Mit dabei war auch Peter Winters von der BAG. „Gerhard Loos, erst hauptamtlicher Beigeordneter der Verbandsgemeinde Westerburg und späterer Verbandsgemeinde-Chef, setzte sich ganz besonders für die Entwicklung des Stöffel-Parks ein“, betont Dieter Wisser, der abgesehen vom ersten Jahr, als Thomas Stühn aus Enspel Vorsitzender war, von Anfang an dem mittlerweile 700-köpfigen Verein vorsteht.
Rente als Gästeführer mit 85
„Zunächst aber wurde die alte Schule in Enspel als Museum genutzt, und ich habe von hier aus die ersten Führungen in den Stöffel gemacht“, erinnert sich Josef Dörner.
Erst mit 85 Jahren hing er den Gästeführer-Rucksack an den Nagel. Doch noch im vergangenen Jahr stand er für einen Dokumentarfilm Rede und Antwort. Und er – genauso wie seine Frau Irmgard – besucht oft den Stöffel-Park und nutzt gerne die angebotenen Veranstaltungen dort.
(Fotos: Tatjana Steindorf)
Schon seit ihrer Kindheit ist Christine Rebmann fasziniert von kleinen Kindern. Schon früh stand für die Westerwälderin fest, dass sie einmal Hebamme werden möchte. Auch nach 35 Jahren ist es immer noch ihr Traumberuf.
Das „Wunder des jungen Lebens“ hat es Christine Rebmann aus Gemünden angetan. Sie war zwölf Jahre alt, als ihr Cousin Vater wurde. Gespannt lauschte sie den Gesprächen über Geburt und Stillen. Sie beobachtete mit Begeisterung, wie das Baby gewickelt, gebadet und versorgt wurde. „Das willst du ganz genau wissen“, ging es ihr damals durch den Kopf.
So reifte der Entschluss, selbst einmal Geburtshelferin werden zu wollen.
1.500 BewerberInnen – 20 Plätze
„In der ganzen Oberstufenzeit habe ich mich für eine Ausbildung als Hebamme beworben und das in allen 23 Hebammenschulen in der Bundesrepublik Deutschland“, erzählt Rebmann. Seinerzeit gab es für die rund 1500 Bewerber lediglich jeweils etwa 20 Plätze – und das an allen Schulen. „Ich wurde immer abgelehnt. Oftmals mit der Begründung: Sie wohnen zu weit weg!“. Das war ihr bewusst, denn wer im Westerwald beheimatet war, der befand sich nicht im Einzugsgebiet.
Nach dem Abitur musste sie sich notgedrungen für einen anderen Weg entscheiden. Sie begann eine Ausbildung zur MTA an der Uni-Klinik in Mainz. Doch dann kam überraschend eine gute Nachricht, mit der sie eigentlich nicht mehr gerechnet hatte. Kurz vor dem Abi hatte sie noch eine letzte Bewerbung nach Gießen geschickt. Sie bekam ein Schreiben, dass sie aus den Bewerbern ausgelost wurde und zum Vorstellungsgespräch eingeladen sei. „Das war das einzige Vorstellungsgespräch, das ich je hatte und ich war sehr froh, dass ich diese Chance bekam“, erzählt sie lächelnd. Sie hatte großes Glück und bekam sofort eine Zusage. Daraufhin brach sie die begonnene Ausbildung ab und wechselte nach Gießen. Unterricht und praktische Einsätze waren im monatlichen Wechsel. Sie arbeitete sowohl in der Frauenklinik, wo sie einen Einblick in die Frauenheilkunde bekam, als auch in der Kinderklinik, wo sie sich unter anderem um Frühgeborene kümmerte. Ihr freiberufliches Praktikum, das vierwöchige Externat, absolvierte sie im Jahre 1987 bei Ingrid Eulberg aus Girkenroth. Diese war als Beleghebamme im Krankenhaus „St. Anna“ in Hadamar tätig.
Eigene Kursräume
Nach der erfolgreichen Prüfung wagte Rebmann am 1. Februar 1988 den Schritt in die Selbstständigkeit. Fortan war sie ebenfalls Beleghebamme im Krankenhaus Hadamar. „Die brauchten dringend neue Hebammen, sie hätten fast die Geburtsstation schließen müssen“. Nach und nach kamen junge Hebammen hinzu. Dazu zählte auch Ellen (Trum), die Tochter von Ingrid Eulberg. Gemeinsam mit den beiden suchte Christine Rebmann Kursräume.
In einer Gemündener Gaststätte trafen sie sich mit den werdenden Müttern im Saal zur Schwangerschafts- beziehungsweise Rückbildungsgymnastik. „Wir mussten ja erst mal schauen, ob es angenommen wird“, gibt sie zu bedenken. Im Jahr 1993 konnten sie dann eigene Räume beziehen. „Mein Mann und ich hatten neu gebaut und im Dachgeschoss unseres Einfamilienhauses ein großes Arbeitszimmer eingerichtet“. Als dreifache Mutter waren ihr die kurzen Wege gerade recht. Simone Helmchen kam dazu, später auch Katja Mausolf.
Seit 2006 in Westerburg
Im Jahre 2006 erfolgte der Umzug nach Westerburg, wo sie eine kleine Wohnung anmieteten. Als eine „harte Zeit“ beschreibt sie die Monate, als sie gleichzeitig die Krankenhäuser in Hadamar und Hachenburg, ihrer neuen Wirkungsstätte, bediente. „Wir wollten alles gut zu Ende bringen“, blickt sie wehmütig auf die Schließung der Geburtsstation in Hadamar Ende Juni 2007 zurück. Zusammen mit ihren Kolleginnen eröffnete sie 2012 das Hebammen-Zentrum in Westerburg. „Wir sind froh und glücklich, dass wir gerade diese Räume mieten konnten“, sagt sie im Hinblick auf die zentrale Lage mit reichlich Parkplätzen.
Viele glückliche Momente
Die Faszination rund um das junge Leben ist Christine Rebmann geblieben. Glückliche Momente, davon habe sie in den vergangenen Jahrzehnten ganz viele erlebt. Dazu gehöre für sie der Zeitpunkt, an dem sich die Frau über ihre Schwangerschaft freue und der Nachwuchs vom Bauch aus ins Leben eingebunden werde. „Der glücklichste Momente ist die Geburt, wenn man das Baby sieht, dieser erste Augenblick. Etwas ganz Besonderes ist auch der Geruch des Neugeborenen“, beschreibt sie die Situation, die sie schon unzählige Male erlebt hat, ihr aber immer wieder einzigartig in Erinnerung bleibe. Rührend seien auch die Momente, wenn Geschwisterkinder das erste Mal ihr Schwesterchen und Brüderchen sehen und in den Arm nehmen dürfen. „Das ist ganz zauberhaft“, sinniert sie glückselig. Als eine zauberhafte Atmosphäre empfindet sie die den Augenblick, wenn im Shiatsu-Kurs die Babys und ihre Mütter ganz ruhig sind und ihr Miteinander genießen. Durch die Corona-Zwangspause würden jetzt bestimmte Dinge von den Menschen bewusster wahrgenommen, gibt sie zu bedenken.
Natürlich gab es auch schwierige Momente. Dazu zählen schwierige Geburten und Notfälle, tote, fehlgebildete oder behinderte Kinder. Schwer falle ihr auch die Situation, wenn ein Kind zur Adoption freigegeben werde, das fordert besonderes Einfühlungsvermögen, ebenso wie bei einem Paar, das ein Kind zur Adoption bekommt. Auch hier werden Hausbesuche benötigt, damit die Familie gut zusammenwachsen kann.
„Den professionellen Abstand zu halten, dass klappt nicht immer so“, gibt die 57-Jährige offen zu. „Oftmals sieht man Dinge, die man gerne ändern würde“, spricht sie auch den Förderbedarf an.
Zusätzliche Ausbildungen
Christine Rebmann leitet Hebammenkurse, bietet Schwangerschaftsbetreuung und Hausbesuche an und gehört – ebenso wie ihr fünfköpfiges Team – zu den Beleghebammen am DRK Krankenhaus Hachenburg. Sie ist Beckenbodenkursleiterin und hat eine abgeschlossene Akupunkturausbildung bei Pro-Medico und darf sich „Master of Acupuncture“ nennen und praktiziert Shonishin (Japanische Kinderakupunktur). „Wenn ich heute die jungen Mütter im Wochenbett zuhause besuche, dann werden oft Erinnerungen an die Zeit wach, als diese noch Säugling waren und ich mich um sie und deren Mutter kümmerte“, erzählt sie. „Wie doch die Zeit vergeht“, stellt sie fest und führt fort: „Und schon ist die nächste Generation geboren und wächst heran“.
Während einer Führung durch die hell, bunt und freundlich eingerichteten Räume weist Christine Rebmann auf das breit gefächerte Angebot der Hebammenpraxis Westerburg hin. Dieses reicht von Kursen für Babys über Massagen und Vorsorgen in der Schwangerschaft, Ernährungsberatung, Rückbildungsgymnastik bis hin zur Beckenbodengymnastik auch für ältere Frauen.
Nachwuchs gesucht
Ihren beiden Töchtern hat sie ihren Traumberuf wohl mit in die Wiege gelegt. Valerie (25) ist Beleghebamme in Mannheim, Floriane (24) in Wiesbaden. Kürzlich fand das vierteljährliche Treffen der Mitglieder des Hebammenverbandes Westerwald in Westerburg statt. Die Vorsitzende Lisa Helmis nutzte die Gelegenheit, Christine Rebmann für ihre 35-jährige Hebammentätigkeit zu ehren.
Zu den zahlreichen Gesprächsthemen dieser Treffen zählt auch die Ausbildung von werdenden Hebammen in der Freiberuflichkeit. Hebammen befinden sich seit einiger Zeit in der Übergangsphase zur Akademisierung. Somit werden künftig Studierende und nicht wie bisher SchülerInnen zu den KollegInnen ins Externat (Ausbildung im außerklinischen Bereich) kommen, was nochmal besondere Herausforderungen mit sich bringe. „In der Geburtshilfe wird dringend Nachwuchs gebraucht“, hebt Christine Rebmann hervor. Der Beruf der Hebamme sei unentbehrlich und biete viele Entwicklungsmöglichkeiten. Das Berufsbild habe sich im Laufe der Zeit gewandelt, sei moderner und fortschrittlicher geworden. „Und vor allem gibt es jetzt gute Chancen auf einen Studienplatz“, freut sie sich für ihre künftigen Kolleginnen.
(Text und Fotos: Ulrike Preis)
Wo die angesehene Schriftstellerin Annegret Held auch wohnt und schreibt: ihre Heimat- und Familienverbundenheit begleiten sie. Und die liegt im Westerwald begründet. Das zeigt sich allen, die ihre Bücher kennen, etwa bei der Apollonia-Trilogie (Westerwald-Chronik-Reihe). Und jetzt lebt sie auch wieder hier.
Sie stammt aus dem katholisch geprägten Dorf Pottum, ist von klein auf ein Karnevalsfan und steht auch in der Bütt. Sie feiert gern, spricht Platt und hat einen mitreißenden Humor. Und der ist auch von hier: Manchmal kommt er spröde daher, schleicht sich ohne Pauken und Trompeten ein – und der Zuhörer muss schon aufpassen, um sich davon nicht überrumpeln zu lassen. Aber herzlich deftig kann er auch mal sein. Held ist eine erfrischende, bodenständige und sehr sympathische „Botschafterin des Westerwaldes“, die jetzt nach Winnen gezogen ist – es liegt wie Pottum in der Nähe von Westerburg.
Der Kopf in den Wolken, die Füße auf Wäller Boden
„Ich fühle mich wohl hier“, sagt sie. „Der Westerwald erdet.“ Und: „Vielleicht korrespondiert die Seele mit der Heimat?“, überlegt sie. „Ich wurde herzlich wiederaufgenommen, hier ist alles so einfach.“ Wenn sie eine Frage habe, bekomme sie gleich gute Tipps, die weiterhelfen. „Und die Pottumer sind auch so witzig und lebensklug.“ Im Gegensatz dazu sei Altwerden in der Stadt nicht so verführerisch, hat sie beobachtet. Vielen Menschen fehle der Halt. Sie mag auch die Atmosphäre des Hauses, in dem sie bereits fleißig renoviert hat. Doch eigentlich sei der Umzug hierher eine Idee ihres Mannes Frank David Dunn gewesen. Das Paar war schon vor einigen Jahren zusammen hier und der geborene New Yorker, der bei der US-Army war – „40 Länder hat er gesehen“ –, wusste schon ein wenig, worauf er sich einlässt.
Ihre Karriere fing mit einem Knall an
Mit 26 Jahren ist Annegret Held, geboren 1962 in Pottum, plötzlich berühmt. In „Meine Nachtgestalten. Tagebuch einer Polizistin“ erzählt sie von ihrem Beruf, denn damals arbeitet sie als Polizistin in Darmstadt und Frankfurt. Über Nacht sind sie und ihr Buch deutschlandweit in aller Munde, die großen Medien kreisen um sie und die verschiedensten Meinungen und Empfindlichkeiten prasseln auf sie ein. „Ein riesiger Rummel! Da musste ich weg“, erzählt sie.
Sie studiert in Heidelberg, ihre Tochter kommt zur Welt, die sie alleine großzieht. Sie jobbt fleißig neben ihrer Schriftstellerei: auf dem Flughafen, in der Buchhandlung, im Pflegeheim … Dabei kommt sie immer in Kontakt mit Menschen, was sie genießt und literarisch sehr inspiriert. Sie wohnt in Frankfurt, bei Kaiserslautern – und kommt per Stipendium in den Bundesstaat New York (Ledig House International Writers Residency). Sie veröffentlicht rund ein Dutzend Bücher, immer wieder ist Anerkennendes über sie zu lesen und hören – im Spiegel, in der Zeit, im Deutschlandfunk, Tagesspiegel …
Für das Werk „Die Baumfresserin“ (1999) bekommt sie den Literaturpreis der Akademie der Künste in Berlin. Ein Stipendium der Arno-Schmidt-Stiftung für hochbegabten Literaturnachwuchs „half“ ihr beim Schreiben, und Robert Gernhardt gestaltete höchstpersönlich den Umschlag für sie.
Und sehr stolz kann sie auch über den renommierten Roswitha-Preis sein, der ihr im Herbst 2022 in Bad Gandersheim verliehen wurde. Es ist der älteste Literaturpreis Deutschlands, der alljährlich an Frauen vergeben wird. Gewürdigt wird, dass sie beispielsweise in ihrer Westerwald-Reihe, wo Pottum zu Scholmerbach wird, „zur Chronistin dieses Landstrichs geworden“ ist – und Held darüber hinaus „sowohl städtische als auch ländlich-provinzielle Gegenwartsrealität schildert“. In der Jurybegründung wird gelobt, dass sie die „Geschichte des Westerwalds und seiner Menschen nie von oben herab, sondern immer von innen heraus“ schreibt.
Aus Buch wird Film
Einige Veröffentlichungen von ihr („Das Zimmermädchen“, „Die letzten Dinge“) wurden verfilmt. Und die „Nachtgestalten“ wurden zum preisgekrönten Film mit dem Titel „Die Polizistin“ unter der Regie von Andreas Dresen. 2023 erstellt das Filmmuseum Potsdam eine Dresen-Ausstellung, und „Die Polizistin“ erhält eine eigene Ausstellungsfläche, freut sich Annegret Held.
Ein Blick voraus
Was kommt nach dem bislang letzten Buch „Das Verkehrte und das Wahre“ (2022)? „Etwas Spirituelles könnte ich mir vorstellen“, lautet die Antwort. Auch wenn sie eine Erholungspause braucht, wie sie sagt, hält sie an ihren festen Schreibzeiten doch fest. Sie verspricht auch, wieder das Theater am Wiesensee aufleben zu lassen. Mit Kai Göbel hat sie bereits viele Mundartstücke ihrem Heimatdorf auf den Leib geschneidert.
Noch sind keine Termine fixiert, aber Schreibwerkstatt-Angebote sollen folgen, und Ideen zu Kunst und Kunsthandwerk schweben ihr vor. Und ab und an hoffentlich auch Lesungen. Denn mit ihr sind sie immer eine Freude.
(Foto: Tatjana Steindirf)
Polizistin in den 80er-Jahren
Statt Lützerath ging es bei den vielen Demos in den 1980ern um „Atomkraft – Nein danke“ oder die Startbahn West, hier wurden Polizisten schwerst verletzt und sogar gezielt getötet. Annegret Held erzählt im Gespräch in schlichten Worten, durchflochten mit wundervollem Humor und packend von ihren Demo-Erfahrungen als junge Polizistin: die frühe Anreise, die langen Arbeitstage, die schwere Ausrüstung, der dünne Kaffee. Dann geht es los: Bei der Demo prasseln stundenlang Beleidigungen auf sie ein, sie reißen nicht ab. „Dabei war ich doch auch für den Frieden und oft gleicher Meinung mit den Demonstranten.“ Schließlich fliegt der erste Stein … „Dann erst durften wir den Schutzhelm aufsetzen, bis dahin sollten wir ja deeskalierend auftreten. Und endlich, ohne dass es jemand sah, konnte ich meine Tränen fließen lassen.“
Wer oft im WällerLand unterwegs ist, wird Rolf Koch in seiner Eigenschaft als Umweltbeauftragter der Verbandsgemeinde Westerburg schon getroffen haben – am Wiesensee oder im Wald, wenn er nach dem Rechten schaut. Er hat einen Blick für die gefährliche Herkulesstaude oder den Eichen-Prozessionsspinner, den Feuerbrand bei Obstbäumen, aber auch für die geschützte Himmelsleiter oder den eindrucksvollen Eisvogel, den er liebt und schützt.
Spitzname Eisvogel
Sogar seinen Spitznamen hat er von ihm. Loki Schmidt (die Ehefrau des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt) hat ihn ihm 1994 gegeben, als er zum „Umweltschützer des Jahres“ ernannt wurde. Sie rief ihn damals anstatt mit seinem Namen als „Eisvogel“ aufs Podium – denn für den kleinen blauglitzernden Fischtaucher hatte sich der damalige Oberleutnant bei einem Auenprojekt in der Nähe von Wiesbaden ebenfalls eingesetzt.
Die gute Tat
Für seine zahlreichen Hilfs- und Umweltaktionen hat er immer Mitstreiter gefunden und viele seiner Kameraden motiviert. Bei den „102 guten Taten“ ging es um strahlende Augen im Kindergarten oder auch um das Briefmarkensammeln für die Hephata-Diakonie, was Schwerbehinderten Arbeitsstellen verschaffte. Dafür wurde ihm als Kompagniechef beim Sanitätsbataillon in Rennerod 2010 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Der 66-Jährige hat seine Leidenschaft zur Natur früh entwickelt – durch seinen Vater. Und das Helfen scheint ihm im Blut zu liegen. Dazu kommt noch eine riesige Portion Fleiß, Kreativität und Menschenliebe. Sein Engagement hört auch im „Ruhestand“ nicht auf. Rolf Koch ist 1956 in Katlenburg geboren und elf Mal umgezogen, war in Kassel, Mainz und Diez, erzählt er. Angekommen ist er schließlich in Weltersburg, wo er sich wohl fühlt. Er ist gelernter Betriebswirt und Krankenpfleger. Gerne war er als Soldat in der Ausbildung tätig – auch noch als Reservist. Er war in Vorständen von Anglern, Schützen und Jägern und für Rheinland-Pfalz für das „Blaue Band Deutschland“ engagiert (Renaturierung von Flüssen und Auen). Er hat vier Kinder und ist längst stolzer Großvater. Im Mai 2022 ist Rolf Koch mit der Landesverdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz „für sein großartiges Engagement für die Natur und Umwelt sowie für seine inklusiven Naturschutzprojekte“ geehrt worden.
Neben seinen Ehrenämtern – etwa als Vorsitzender der Lebenshilfe Westerwald e.V. – führt er Umweltprojekte für einen Kindergarten in Höhn durch. „Hieraus schöpfe ich Kraft“, sagt er.
Der „Kleine Bienenretter“
Rolf Koch wurde zum Schutz der Wildbiene sogar zum Autor. Band 4 der „Kleinen Bienenretter“ erscheint im Frühjahr 2023. Verschiedene Zeichnerinnen haben daran mitgewirkt. Die Texte stellen die Bienen und ihren Wert für die Natur und uns Menschen in den Fokus. Das ist sehr schön zu lesen, und die Kinder erhalten auch Blumensaattütchen zum Heft dazu, so können sie durch’s Aussähen die Bienen selbst tatkräftig unterstützen … Ein wahrer Helferreigen, der da zustande kommt. Einige Umweltpreise wie den der Vereinten Nationen hat das Projekt eingeheimst. Band eins, „Sam Goldwabe und die kleinen Bienenretter“, wurde sogar als Hörspiel, Theaterstück und als Film umgesetzt.
Helfer für Umwelt und Bürger
Rolf Koch ist im WällerLand sehr aktiv unterwegs und wird nicht nur gerufen, wenn es um verletzte Wildtiere geht, sondern auch zur Begutachtung von Wespennestern oder invasiven Pflanzen. Für ihn war eines der schönsten Erlebnisse, einem Uhu helfen zu können, der nach der Genesung wieder ausgewildert wurde. Bei seinen Kontrollfahrten hat er aber auch schon mehreren verunfallten E-Bikern helfen können.
Am Wiesensee beobachtet er mit Freude immer wieder Eisvögel. Diese „fliegenden Edelsteine“ hier anzusiedeln, das ist ihm ein weiteres Herzensprojekt.
(Foto: Tatjana Steindorf)
Gabriele Fischer geht seit rund vier Jahrzehnten ihren Lebensweg im WällerLand. Natur und Wildkräuter, Handwerk und Handarbeit sowie Kochen zählen zu ihren Interessensgebieten. Sie hat ein Geschick dafür, das zu finden, was ihr liegt, und bringt sich mit neuen Ideen ein. Aber sie macht dabei keinen Wind um sich, sie ist von ruhiger und zurückhaltender Art.
Ein Wandbehang in Rothenbach
Bemerkenswert ist ein wunderschöner Wandbehang, der sich seit 2008 in der katholischen Herz-Jesu-Kirche in Rothenbach befindet. Gabriele Fischer hat ihn mit einer Gruppe von Frauen hergestellt. Die hölzerne Marienstatue davor wird durch ihn in einen besonderen Zusammenhang gestellt.
„Der Pfarrer kam damals auf mich zu, da er wusste, dass ich webe. Aber auf diese Art hätte das Jahrzehnte gedauert. Also haben wir Frauen die Einzelteile gebatikt und zusammengenäht.“ Die Aufgabe war, „Maria in Rothenbach“ darzustellen, so der Gedanke von Pfarrer Dr. Johannes zu Eltz. Und daher ist unter der Himmelsdarstellung mit Sonne, Sternen und Mondphasen an dem gebatikten Werk die Dorfsilhouette zu sehen.
Aus dem Saarland in die Verbandsgemeinde Westerburg
Die gelernte Erzieherin zog mit ihrem Mann Heinz Fischer 1979 vom Saarland her, als er am Konrad-Adenauer-Gymnasium eine Stelle als Lehrer bekam. In Hachenburg arbeitete sie damals in einem Laden, bei dem wertige und selbstgemachte Waren angeboten wurden. Sie gab Webkurse, Kochkurse, half in einer Töpferei mit … Das Paar, das heute in Westerburg lebt, bewohnte lange das „Adam- und Eva-Haus“ in Brandscheid, das im 17. Jahrhundert errichtet wurde und einen großen Garten hat. In 30 Jahren wuchsen hier ihre drei Kinder auf.
Die Natur und die Kräuter
Interesse an Pflanzen und Kräutern hat Gabriele Fischer von klein auf. „Mein Leben fing mit Kräutern an“, sagt sie. Zu Hause, im Saarland, wurde im Frühjahr traditionell Löwenzahnsalat gegessen. „Nach einem langen Winter freue ich mich heute noch auf den ersten Löwenzahn“, berichtet sie. Auch ihr Großvater hat sie als Kind mit in die Natur genommen. So kam ein Kraut nach dem anderen hinzu …
Die Westerburger BUND-Gruppe (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) war für sie später eine große Bereicherung. „Ich habe hier viel über Pflanzen gelernt.“ Biologen oder Förster waren mit dabei, erzählt sie, und Pflanzen wurden kartiert. 2006 hat sie – nachdem sie schon viel Wissen gesammelt hatte – ihre Kräuterausbildung in der Gundermann-Schule begonnen, für die sie auch ihren „Kollegen“ Klaus-Dieter Stahl begeisterte. Denn: „Wenn dir etwas am Herzen liegt, dann mach es jetzt“, hatte ihr eine Freundin geraten. Und über einen Tipp ihrer Mutter kam sie an die Adresse der renommierten Schule. Sie ist sich sicher: „Wenn man einen Wunsch hat, dann kommt der Weg zu einem.“
Ihr Wissen hat sie immer gerne geteilt. Kräuterspaziergänge am Wiesensee bot sie zum Beispiel an und half nach dem Aufbau des Marienstätter Kräutergartens dort mit, wo sie auch Führungen machte.
Der Krautwisch – eine uralte Tradition
Der „Krautwisch“ hat sie fasziniert. „Ich sah einmal in Brandscheid, wie Frauen mit Sträußen in die Kirche gingen, um sie segnen zu lassen.“ Die Idee gefiel ihr sehr und sammelte dann dafür selbst Pflanzen, die sie umgaben und die ihr wichtig waren. Eine davon ist die Wilde Möhre. Ihr zu Ehren hat sie auch ein kleines Heftchen erstellt – mit Fotos von Walter Eggert.
Die Kräuterexpertin bietet Krautwisch-Wanderungen an, auf Anfrage oder in Marienstatt, wo das eine sehr lange Tradition hat. Am Fest Maria Himmelfahrt im August werden Kräuter und Blumen im Gottesdienst gesegnet. Nach einigen einleitenden Worten und einer Blütenmeditation wird ein Strauß mit Kräutern aus dem Heilkräutergarten gebunden.
Warum eigentlich Wildkräuter?
„Wildkräuter stehen uns kostenlos zur Verfügung und sind immer da.“ Wenn man ihr zuhört, wird deutlich: Wildkräuter sind ein Geschenk der Natur. Und wenn es in der Bibel heißt, man solle nicht säen und wird doch ernten – dann wurde doch sicher an das Wildkraut gedacht?
Und tatsächlich: Kräuter kann man pflanzen, aber sie suchen sich ihren Platz lieber selbst. Ihre Vitalität bestaunt die Kräuterexpertin und hebt den Giersch hervor. Als Kind musste sie ihn immer wieder zupfen. „Da hatte ich mir geschworen, wenn ich erwachsen bin, darf er bei mir wachsen.“ Sie hält das Versprechen.
Weisheit der Natur
Zum anderen stellt sie die wertvollen Inhaltsstoffe der Wildkräuter heraus, die es „nirgendwo zu kaufen“ gibt. „Sie überragen alle unsere Kulturgemüse.“ Und eine Handvoll Kräuter am Tag reicht, betont sie. „Da Wildkräuter sich über viele Tausend Jahre optimiert haben, können sie nur besser sein als Zuchtgemüse.“ Die Ausgewogenheit, Schönheit und Harmonie in der Natur ist faszinierend. So sind etwa Lippenblütler und Bienen regelrecht füreinander gemacht. Die Anpassung ist unglaublich. „Und immer gibt es Gegenmittel.“ Wenn uns das Gift der Brennnesseln piesackt, helfe dagegen zum Beispiel Spitzwegerich.
Beim Kochen lernt man mehr
Am liebsten kocht Gabriele Fischer mit anderen Kräuterinteressierten. Früher im Café Flora oder in Elsas Café. Heute bietet sie Wildkräuter-Kochkurse in Marienstatt an oder auf Anfrage – und zu jeder Jahreszeit. „Da lernt man am meisten.“
Den Samen der Nachtkerze sammelt sie z.B. als Zugabe im Müsli. Auch deren Blüten seien schmackhaft, erklärt sie. Und die Wurzeln, die im Herbst gegessen werden können, haben den Geschmack von Schinken. „Zu jeder Jahreszeit schenkt uns die Natur ihre Früchte.“
Gerne setzt sie Essig mit Gaben aus der Natur an – etwa Weißdornbeeren. Die Inhaltsstoffe sind gut bei Bluthochdruck. „Wenn ich damit die Salatsoße anmache, weiß ich, dass ich mir etwas Gutes tue. Es ist ein bewusster und schätzenswerter Umgang mit sich, der Nahrung und der Natur. Eine Kursteilnehmerin formulierte es so: „Das ist auch was für die Seele.“ Für die Wildkräuter und Früchte ist Gabriele Fischer ausgesprochen dankbar. Das auszudrücken, liegt ihr auch bei der Tradition des Krautwischs am Herzen.
Lecker WällerLand
Da Kräuter am besten durch den Magen gehen, gibt es einige passende Rezepte, auch von Gabriele Fischer. Und für ihre Enkel, die auch schon ein paar Kräuter kennen, wird die Kräuterexpertin demnächst „Spaghetti mit Brennesselsoße“ servieren.
(Fotos: Tatjana Steindorf)
Er ist als Kräuterexperte im WällerLand bekannt: Klaus-Dieter Stahl aus Westerburg. Sobald es grünt und wächst, zieht er schon seit vielen Jahren monatlich seine Runden am Wiesensee – und um ihn schart sich immer eine interessierte Gruppe. Es ist nur eine Wildkräuterwanderung mit ihm nötig, und man sieht die grüne Welt mit anderen Augen.
Eine typische Wildkräuterwanderung
Ein Bücken, ein Pflücken und einige Löwenzahnblätter werden von Klaus-Dieter Stahl in den Fokus gerückt. Den Löwenzahn erkennen viele, aber kennen tut man ihn nicht. Nach einigen Sätzen ist es soweit: Das „Unkraut“ wird als Powerfood erkannt und erhält einen ganz anderen Stellenwert.
Es ist zu erfahren: Nicht nur als Bienenweide ist sie wertvoll – auch ihr Einsatz in der Küche ist vielfältig. Wurzel, Blatt, Blüte: alles verwertbar. Und man fragt sich, wie man bislang auf ihr missbilligend rumtrampeln konnte … „Ei, das hab‘ ich doch im Garten gerade erst ausgerissen!“ Das hört Stahl dann des Öfteren.
Und so ergeht es den Teilnehmenden der Wildkräuterwanderungen auch bei der Brennnessel, dem Gundermann, Giersch … Ganz klar, dass bei dieser Exkursion die Zeit verfliegt. Und zum guten Schluss des heiteren Ausflugs werden die gesammelten Kräuter noch verarbeitet und gemeinsam verkostet in Form eines Fitnessdrinks oder eines Kräuterquarks.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Klaus-Dieter Stahl ist kein Kräuter-Guru, sondern er hat eine fundierte Ausbildung vorzuweisen, äußert sich sachlich und erfreut mit seiner unaufgeregten, freundlichen Art.
Von Weilburg zum Wiesensee
Ein Zugezogener ist er, aber mit hiesigen Wurzeln. „Ich bin 1947 auf der Westerwälder Seite Weilburgs geboren“, erzählt Klaus-Dieter Stahl. Er wurde im Taunus groß, wo seine Mutter als Lehrerin arbeitete. In Usingen legte er sein Abitur ab und war zwei Jahre bei der Bundeswehr. Anschließend studierte er Geografie und Biologie in Mainz, wo er zwei Jahre als Lehrer tätig war.
1977 kam er nach Westerburg und unterrichtete bis 2007 am Konrad-Adenauer-Gymnasium.
Seine Ausbildung als Kräuterexperte legte er bei der Gundermannschule in Bad Münstereifel ab. Gabriele Fischer regte ihn dazu an, die gemeinsam mit ihm die Ausbildung, die elf Wochenenden in Anspruch nahm, absolvierte.
Partner von Kräuterwind und der Natur
Von Anfang an war er mit „Kräuterwind“ verbunden. „Kräuterwind Genussreich Westerwald“ wurde 2009 als Regionalprojekt der Gemeinschaftsinitiative „Wir Westerwälder” durch die Landkreise Altenkirchen, Neuwied, Westerwald gestartet. Gewürze, Lebensmittel, Getränke gehören zum Angebot der Hersteller, darüber hinaus gibt es eine Gartenroute und auch Kräuterspezialisten etc.
Teilweise war Klaus-Dieter Stahl für Kräuterwind bei Gartenmärkten und Messen vertreten, doch ist er auch für andere Interessenten tätig wie bspw. für eine Gesundheitskasse.
Ihn freut auch die Initiative „WällerLandGärten“ der VG Westerburg, die vielerorts Blühflächen anlegt und so ein Netz ökologisch wertvoller und attraktiver Flächen aufbaut.
Denn es fehlt immer mehr an Insekten. Auch mindern überdüngte und zu häufig gemähte Wiesen die Artenvielfalt der Flora – und damit auch die Lebenswelt der Tiere, ist zu erfahren. Wichtig ist – auch im Privatgarten – der Verzicht von Insektiziden und Herbiziden. Und: „Mehr Magerwiesen wären eine große Bereicherung“, so der Kräuterexperte.
Der Kräutermann und die TiWi
Gute Bedingungen und ein gutes Miteinander findet Klaus-Dieter Stahl für seine Wildkräuter-Exkursionen bei der Tourist-Information WällerLand am Wiesensee (TiWi). Seit 2009 führt er sie hier regelmäßig durch. Und seitdem sind sie sehr beliebt. „Wenn ich hier am See sitze, brauche ich nichts anderes, das ist wie Urlaub “, sagt der Westerburger.
Viele Teilnehmer kommen gerne öfter zu ihm. Vertreten sind zumeist Frauen 40 plus und Familien, doch „in letzter Zeit kommen auch mehr Männer und jüngere Teilnehmer“. Eine etwa Neunjährige hat er noch in Erinnerung, die „sehr versiert“ war. Mittlerweile begleitet Gabriele Seelbach (Pottum) oftmals die Exkursion, gemeinsam können sie besser auf die Fragen der Teilnehmer eingehen.
Klaus-Dieter Stahl hofft, dass seine Exkursionen den Teilnehmern einen anderen Blick für ihren Garten vermitteln – und sie nun ihre „Unkräuter“ mit anderen Augen betrachten. Und er verspricht: „Solange ich gesundheitlich kann, mache ich das weiter.“
Immer von Mai bis September
Die Wildkräuterführungen finden ab Mai bis September immer am ersten Samstag im Monat statt. Alle Informationen zu den Wanderungen finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.
Energie – das strahlt Ingelore Ammelburger aus. Wenn sie ein Projekt anfasst, ist sie beherzt, leidenschaftlich und mit Verstand bei der Sache. Seit einigen Jahren ist die Winnerin dem E-Bike ergeben. Tausende Kilometer hat sie schon „erfahren“. Selbst im Winter ist sie on tour. Und in der Saison leitet sie samstags eine Frauengruppe durch den schönen Westerwald.
Radfahren für Körper und Seele
„Das fing nach der zweiten Knieoperation 2018 an“, berichtet Ingelore Ammelburger. „Bewegung ohne Belastung“, das ist dann das Motto, wie sicherlich viele wissen. „Ich ging danach zu meinem alten Rad in die Garage und versuchte, die Pedale durchzutreten. Das war noch gar nicht möglich.“ Sie biss die Zähne zusammen und übte beharrlich. Bald schloss sie sich einer Gruppe von Radlern an. Aber die Männertruppe war zu schnell, und nach einigen Anläufen fasste sie den Entschluss, selbst eine Gruppe zu gründen – für Frauen.
Die Samstagstouren für Frauen
„E-Bike-Touren für Frauen. Selbstbewusst durch Sport!“ lautet das Angebot von Ingelore Ammelburger. Jedes Jahr in der Saison von April bis Oktober gehen die Frauen, die auch schon mal Männer mitnehmen, samstags auf Tour. Start ist an der Tourist-Information WällerLand am Wiesensee (TiWi) in Stahlhofen a.W. Die schönsten Stecken und Einkehrmöglichkeiten sucht dann die gebürtige Winnerin aus. Mal geht es zum Rosengarten nach Hadamar mit Einkehr beim Brechelbacher Hof in Neunkirchen, mal Richtung hoher Westerwald mit Rast an der Krombachtalsperre oder nach Girkenroth. „Wir haben ein gutes Radwegenetz“, sagt die begeisterte Radlerin. „Nur das Baumsterben hat viel verändert, manche Gegenden sind nicht wiederzuerkennen.“ Rund 40-45 Kilometer fährt sie mit ihrer Samstagsgruppe.
So spontan sie reagieren kann, geht die gelernte Krankenschwester, die 37 Jahre Nachtwache hinter sich hat, zunächst ganz pragmatisch und strukturiert vor. Das zeigt sich schon an ihrem Köfferchen, das sie immer dabei hat. Flickzeug und Pumpe finden sich hier ebenso wie Erste-Hilfe-Utensilien.
An die Sicherheit denken
Oft wird sie gefragt, worauf „frau“ achten sollte. Die Bekleidung, rät sie, sollte unbedingt auffallende Signalfarben vorweisen. „Das kann Leben retten.“ Denn im Winter ist sie – allein oder mit Freunden – auch öfter auf Straßen unterwegs. „Hier sind auch Rückspiegel sehr wichtig“, macht sie deutlich. Einige Grundregeln, wie ein E-Bike zu handhaben ist, sollten bekannt sein – etwa das Anfahren am Berg und das Auf- und Absteigen. Für den Radkauf empfiehl sie Tiefeinsteiger, breite Räder und ein dem Körper angemessenes Rad. Mit dem Service lokaler Radgeschäfte hat sie gute Erfahrungen gemacht. Außerdem radelt sie gerne zum Werkstatt-Check.
Vielleicht wird sie noch einen kleinen Kurs zu diesem Thema und auch zum „Reifen reparieren“ organisieren, überlegt sie.
Sport macht glücklich
Ein neues Hobby anzufangen, regelmäßig Sport zu treiben, dafür ist sie ein echtes Vorbild. Mit 60 Jahren hat sie angefangen – vorher war sie „nur“ Gelegenheitsradlerin. „Ich bin sicher, dass es kaum eine Krankheit gibt, körperlich wie seelisch, die von Sport nicht profitiert“. Das Mobilsein, die Bewegung, die Kondition und das Naturerlebnis bauen sie auf. „Sowie du dich aus dem Haus bewegst, lernst du Menschen kennen“, schwärmt sie.
Ihre soziale Ader kommt auch in anderen Tätigkeiten zum Tragen. Sie ist schon 25 Jahre im Ortsgemeinderat tätig und hat sich gerne für Seniorenfeiern eingesetzt. Vor Corona war sie als Karnevalistin aktiv und hat den Kinderfasching nicht nur moderiert, sondern auch als Stimmungskanone mitgerissen. Ingelore Ammelburger bleibt auch für ihre Familie und vier Enkel gerne fit, für die sie und ihr Mann verlässlich da sind. „Ich bin gerne Oma“, strahlt sie.
Ihre Radausflüge aber sind der Ganzjahresfahrerin heilig. Nach ihrem Motto „Hauptsache Kopf, Hände und Füße bleiben warm“ legt sie schon einmal die neuen, beheizbaren Handschuhe bereit für den Nachmittag. Es ist grau und kalt, aber ihr steht schon ein lebenslustiges Lächeln ins Gesicht geschrieben, wenn sie an ihren bevorstehenden Ausflug und ihre Planungen zu längeren Touren denkt …
(Foto: Tatjana Steindorf)
Dieser Mann hat Spuren im WällerLand hinterlassen: der Künstler Franz Hötterges. Seine Werke haben die Sicht auf gewisse Dinge geprägt, Geschichte und Zeitgeschehen interpretiert und Persönlichkeiten festgehalten.
Begegnungen mit den Kunstwerken
Die Petermännchen-Figur hat Franz Hötterges geschaffen, die auf dem Burgmannenplatz in Westerburg steht, die Stiftskirche Gemünden gezeichnet, die Konfirmanden in Gemünden jahrzehntelang als Geschenk erhielten, er schuf auch die Bronzetürgriffe an den Innentüren der Kirche, entwarf das bunte Glasfenster des Rathausaals, ein Wandbild im kommunalen Kindergarten Westerburg und übernahm die Innengestaltung in Privathaushalten.
Vielseitigkeit ist typisch für ihn
Abgesehen von den Techniken, in denen er malte und zeichnete, gab es kaum einen Werkstoff, den er nicht verwendet hat: Bronze, Kupfer, Eisen, Glas, Ton, Gips, Styropor, Alu. Sein Stil war ebenso vielfältig, mal altmeisterlich, mal modern. Er liebte Ornamente, schuf Keramiken. Und er entwarf auch Wandteppiche. Einer zierte beispielsweise die Landeszentralbank Neuwied, ein anderer den Kreistag in Bad Ems.
Ein bewegtes Leben
Dem am 12. Oktober 1912 in Düsseldorf geborenen Hötterges wurde ab 1949 Gemünden zur Heimat. Vorher hatte er eine bewegte Studienzeit in Hamburg, Düsseldorf, Berlin, München absolviert. Im Westerwald lebte und arbeitete er fast 50 Jahre. Aus der Lohmühle, wo er Wohnhaus und Atelier errichtete, wurde die Hötterges Mühle.
Dank seiner Tochter Christine Schütz-Hötterges wirkt dieser Platz heute noch wie ein kleines Paradies – am Rande der Holzbachschlucht gelegen und geprägt von der Kunst des Vaters.
Einiges vergessen, anderes neu entdeckt
Ein Besuch des alten Ateliers ist wie der Besuch einer kleinen Kunsttempels. Es ist eine Freude, aber für die Familie auch eine Verantwortung und ein ideelles Erbe. Traurig ist Christine Schütz-Hötterges über einiges, das ihr Vater – teils als Kunst am Bau – geschaffen hat und später einfach „verschwunden“ ist. Das gilt für ein Bild in einem Westerburger Kindergarten ebenso wie für den Bronze-Brunnen, den er einst für Völklingen schuf.
Andernorts erfährt seine Kunst erneut Wertschätzung: Vor drei Jahren wurde in der Ausstellung „Vergessene Kunst in der Trittauer Kirche“ die Holztafeln von Franz Hötterges mit spätexpressionistischen Darstellungen des Kreuzweges besonders gewürdigt und ausgestellt. In den Jahren 1946 bis 49 schuf der Bildhauer Franz Hötterges zwölf expressionistische Eichenholztafeln als eine Art Kreuzweg für den Chor der Trittauer Kirche (Schleswig-Holstein). Die Holzreliefs waren seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich zugänglich, wurden aber in den 2010er-Jahren „restauriert, gesichert und publiziert“.
Als hätte er das Atelier gerade erst verlassen
In Hötterges Atelier hängen überall Bilder, sind Büsten zu sehen und Arbeitsmaterialien, der Blick aus dem Fenster trifft eine weitere Bronze. Es ist, als wäre Franz Hötterges erst eben zur Tür hinaus gegangen. Dabei starb er bereits am 15. April 1993 und fand seine letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Gemünden.
Ein großer Teil seines künstlerischen Nachlasses wurde an die Kunststätte Johann und Jutta Bossard in Jesteburg/Lüneburger Heide gestiftet, die für viele ein echter Geheimtipp sein dürfte. Hier war Hötterges als Schüler Johann Bossards in den 1930er-Jahren auch beim Aufbau der Kunststätte tätig.
Wer Kontakt zu Christine Schütz-Hötterges für weitere Informationen zu ihrem Vater aufnehmen möchte, kann dies unter der Rufnummer 0170 8789984.
(Fotos: Tatjana Steindorf)
Nicht nur im Kannebäcker Land verstehen Westerwälder etwas vom Töpfern. Im oberen Teil gibt es auch einige, und eine regelrechte Instanz ist hier Marliese Fürst.
Sie lebt, arbeitet und verkauft in Alpenrod. Ganz traditionell hat die aus Rotenhain-Todtenberg stammende Töpferin das Handwerk gelernt.
Ihre Lehre absolvierte sie in Ransbach-Baumbach bei Gerharz & Manns. Sieben Gesellenjahre folgten und 1982 die Meisterprüfung. In dem Jahr eröffnete sie auch ihre Werkstatt in Alpenrod.
Salzglasur, grau-blau, zählt zu den traditionellen Grundkenntnissen, die sie beherrscht. Doch ihre Becher und Dekoblumen, Teller und Vasen, Gefäße und Schilder gibt es mittlerweile in ganz verschiedenen Dekoren, freundlich und bunt. Einiges davon ist auch im Stöffel-Park zu finden, für den sie Becher mit Stöffelmaus, anderen Tiermotiven oder den Bremsberg gestaltet. So nützlich wie schön sind ihre Wäller Eierkäsformen. Auch die Tourist-Information WällerLand am Wiesensee hält viele ihrer Schöpfungen bereit.
Marliese Fürst arbeitet nicht nur in Alpenrod, auch ein großer Verkaufsraum ist hier zu finden. Etwas ganz Besonderes sind ihre Werkstattführungen mit Bewirtung.
Mittendrin in der Werkstatt
Während sie ihren Besuchern im Plauderton Wissen vermittelt, töpfert sie routiniert und sicher. Eine Tasse entsteht wie nebenbei. Sorgfältig wird der Henkel eingearbeitet – nicht drangeklebt wie bei Massenware. Mit einem hohlen Metallstift, früher wurde Reet genommen, graviert sie geschickt Formen in den weichen Ton, dabei dreht sie den Stift, sodass die Öffnung vorne bleibt. Anschließend wird das Werk mit Naturfarben, etwa Basaltstaub, der gelblich-beige aussieht, gefärbt.
Früher wurde der Ton per Hand durchgeknetet, um die Luft herauszupressen. Sonst sprang das Kunstwerk im Brennofen entzwei. Das war harte Arbeit. Daher heuerten vor einigen Jahrzehnten ganze Scharen von Männern in den großen Wäller Töpferbetrieben an, um den Ton zu klötzen, wie es hieß. Heute gibt es mechanische Pressen dafür.
Salzglasiertes Salzzeug und bunte Waren
Bei dem salzglasierten Steinzeug wird die fertig getrocknete und bemalte Ware im Gasofen langsam auf 1250 Grad hochgeheizt, denn die Feuchtigkeit muss sachte aus den Keramikgefäßen weichen. Dann wird Kochsalz hinzugegeben. Dieser Dampf verbindet sich mit dem Ton und legt sich als Glasur über die Ware. So entstehen beispielsweise wasserdichte Töpfe. Vor fünf Jahren hat sie dann einen Elektroofen angeschafft, um auch bunte Waren anbieten zu können, die im Salzofen nicht gebrannt werden können.
Mittendrin im Leben
Marliese Fürst hat in ihrem Leben viel erlebt, viele Menschen getroffen und viel gehört. Aus diesem Fundus schöpft sie und erzählt mit freundlichem Humor. Viele Menschen, nicht nur im Westerwald, schätzen sie. Und mit ihrer Kunst begleitet sie andere von der Wiege bis zur Bahre. Hier wenden sich Menschen an sie, die ganz konkrete Vorstellungen durch Marliese Fürst umgesetzt haben möchten. Ganz individuelle Aufträge nimmt sie an, etwa Geburtsteller. Neuerdings gehören auch Urnen dazu.
Immer noch ein Traumberuf
24 Lehrlinge hat sie in ihrem Berufsleben bereits ausgebildet und war immer früh auf den Beinen. Jetzt macht Marliese Fürst es sich etwas bequemer und sagt erleichtert: „Ich brauche keinen Wecker mehr.“ Und die Märkte, an denen sie teilnehmen will, sucht sie sich mittlerweile aus.
Kann man davon leben? „Kommt darauf an, was man vom Leben erwartet“, antwortet sie und strahlt dabei Zufriedenheit aus. Und daher wünscht sie jedem, dass er seinen Traumberuf findet und ausüben kann.
Kontakt und Verkaufsstelle
Marliese Fürst
Am Wehrholz 15 | 57642 Alpenrod
Telefon 02662 4142
E-Mail
Auf Anfrage sind Führungen mit Kaffee und selbst gebackenen Kuchen buchbar.
(Fotos: Tatjana Steindorf)
Immer wieder tauchen Fotografien im Postkorb der Tourist-Information WällerLand am Wiesensee (TiWi) auf – von Volker Horz. Mal sind es in Eis umhüllte Zweige, mal zwei Blüten, die ihre Köpfe aneinanderlehnen, mal ein Abendhimmel oder ein Froschpaar beim Wasserballett … Die Bilder stellt der Absender der TiWi kostenlos zur Verfügung, damit Einheimische und Gäste sich an der Schönheit der Gegend und der Natur erfreuen können.
„Wildern” mit der Kamera
Oft stammen die Bilder aus der Verbandsgemeinde Westerburg, denn Volker Horz wohnt in Härtlingen. Aber er „wildert“ mit der Kamera gerne auch über die Grenzen des Reviers hinweg – auf der Suche nach schönen Fotoschüssen. Lange Jahre war Horz Angestellter einer Automatenfirma und dadurch viel unterwegs. Jetzt ist er 64 Jahre und auf dem Weg ins Rentnerleben, das bei der Energie, die er ausstrahlt, bestimmt lebhaft wird. „Ich fühle mich auch jung und liebe das Leben und alles, was Spaß macht“, lacht er. Dazu gehört für ihn auch, mit Hingabe und ohne Zeitdruck Haus und Garten pflegen zu können. Ab und an verkauft er auch Fotografien – dafür hat er sich seit Längerem einen Gewerbeschein für Kleingewerbe zugelegt.
Die Wälder, der Stöffel, der Elbbach
Seine Beziehung zum Westerwald? „Ich bin hier aufgewachsen und bin froh, hier zu wohnen. Die Wälder, der Stöffel, der Elbbach … Es gibt so viel, und ich fühle mich hier einfach wohl.“
Seine große Leidenschaft, die Fotografie, wird ihn weiterhin begleiten – vor allem auf seinen Wanderungen mit seiner Frau, die ihn immer wieder ins WällerLand, in den ganzen geografischen Westerwald, aber auch darüber hinaus führen. Beim Wandern findet er Motive, egal ob Landschaft, Tier oder Pflanze, die ihn begeistern. Er hält die Augen offen. Der Optimismus ausstrahlende Wäller meint: „Man muss das Schöne nur sehen.“
Zeigen, wie es ist
Für die Fotos braucht er kein allzu großes Equipment sagt er, doch Spiegelreflexkamera, einige Objektive und Zubehör nutzt er schon. Langes Bearbeiten am Computer ist nicht sein Ding. Er bleibt auch auf dem Gebiet bodenständig. Gerne und oft hat er Sportfotografie gemacht, „von der Oberliga bis DFB Pokal, zum Beispiel beim VFL Bochum“.
Einige Fotos von Volker Horz sind in unregelmäßigen Abständen in unserer Rubrik NEUES AUS DEM WÄLLERLAND zu finden.
(Foto: Tatjana Steindorf)
Uli Altrichter aus Brandscheid hat ein Friedensprojekt gestartet. Alles dreht sich um eine Gitarre. Als Bassist der Gruppe Walk the Line hat er ein Händchen für Gitarren. Und sein Hobby ist sogar, E-Gitarren herzustellen. Nun aber hat er einen besonderen Schatz geschaffen: eine Gitarre, die ihre Stimme für den Frieden erhebt. „Bullets to music“ ist ihr Motto.
Ein Körper mit Projektilen gespickt
Ihr Körper ist ein Benzinkanister. Patronenböden und die spitzen Geschosse von Projektilen sind an ihr verbaut – sind nun Stimmwirbel, Lautstärkeregler und Dot-Inlays. Die tödlichen Boten werden hier zu Dienern der Musik. Und der leuchtend rote Gitarren-Körper ist übersät mit Tattoos: Die Malerin Evelyn Hethey (Koblenz) schrieb zur Mahnung zahlreiche Amokläufe auf das Musikinstrument.
Denn die Idee ist nur eine: Verwandle Musik zur Friedensbotschaft, stimme Hass in Harmonie um, schreie deine negativen Emotionen heraus mit den schrillen Tönen der E-Gitarre – aber feiere das Leben und schütze deinen Nächsten. „Durch die Gitarre werden tödliche Teile zu etwas Friedlichem.“
Bullets to music
„Wenn diese Gitarre nur einen Toten verhindern kann, hat sie ihren Sinn schon erreicht“, sagt Uli Altrichter. Und er gibt seine „Bullets to music“-Gitarre dafür gerne in fremde Hände. Anderthalb Jahre Vorarbeit hat Uli Altrichter für das Instrument aufgewendet. Er ist ihr Erfinder und Erbauer. Wie gesagt: „Guitars against Violence“ steht nicht nur auf seinem T-Shirt geschrieben. Er will, dass seine kleine, freche Gitarre dafür steht und kämpft, sie soll ihren „Mund“ nicht halten.
Gitarre wird an Musiker verliehen
Das Konzept ist einfach: Jeder Musiker, der das Konzept unterstützt, darf die Gitarre ausleihen und ihre Friedensbotschaft in seinen Auftritt, sein Konzert einbauen. Mitgeliefert wird auch ein 12-Takte-Riff, das jeder nach Gusto ausbauen darf. Zum Dank werden die künftigen E-Gitarren-Spieler auch für sich selbst ganz praktische Kleinigkeiten finden: Ein Flaschenöffner ist an der „Bullets to music“-Gitarre verbaut. Der Kanister kann geöffnet und als Köfferchen genutzt werden. Die Tülle wird zur Plecbox – einem Fach für Plektren (Gitrarrenplättchen).
Gitarrist Erhard Reichelt schlägt einige Töne auf der kleinen, roten Friedensgitarre an. Er schätzt Uli Altrichter nicht nur als Bandmitglied von Walk the Line, sondern auch als Gitarrenbauer. Ansonsten hat er Ulis Projekt zwar nicht aktiv, aber „emotional begleitet“, wie er mit einem freundschaftlichem Lächeln sagt.
Ellenbogen rein, Menschlichkeit raus
„Die Idee zu dem allen kam nicht spontan“, sagt Uli Altrichter (Jahrgang 1957). Sie hat sich entwickelt. „Wir leben in einer Ellenbogengesellschaft. Es gibt Leute, die damit nicht zurechtkommen. Manche ziehen sich zurück, andere laufen Amok.“ Sein Gitarren-Projekt ist klar ein Aufruf an alle, Menschen offen und mit Wohlwollen zu begegnen, um ein positives Miteinander überhaupt zu ermöglichen.
Unterstützer willkommen
Musiker, die Uli Altrichters Botschaft unterstützen möchten, können sich gerne an ihn wenden und die Bullets to Music als Leihgabe erhalten: einfach eine E-Mail an Uli Altrichter schreiben mit dem Betreff „Bullets to music“.
(Fotos: Tatjana Steindorf)